Wohin bewegt sich die Ausbildung
10 Jun 2018
In den letzten Jahren haben wir uns zunehmend von der Durchführung von Seminaren weg- hin zur Beratung entwickelt und begleiten viele Ausbildungsunternehmen auf dem Weg zu neuen Strategien, bei der Entwicklung neuer Aus- und Weiterbildungsmethoden und bei der Qualifizierung der Ausbilder und Ausbildungsbeauftragten. Meist ist es dann so, dass nach einer Beratung konkreter Qualifizierungsbedarf entsteht und wir dann selbstverständlich die Trainings konzipieren, entwickeln, durchführen und evaluieren.
Beratung für die Ausbildung
Ganz aktuell begleiten wir ein Unternehmen mit 70 hauptamtlichen Ausbildern auf dem Weg zur Ausbildung Next. Auf der einen Seite werden wir mit offenen Armen empfangen, auf der anderen Seite gibt es große Vorbehalte, die sich nicht gegen uns, sondern gegen die Neuausrichtung richten. In verschiedenen Workshops mit der Ausbildungsleitung klären wir zuerst den Unternehmensauftrag und stellen uns dazu folgende Fragen:
- Wer ist mein Kunde?
- Welche Bedarfe hat mein Kunde heute?
- Ist mein Kunde mit meinem heutigen Produkt zufrieden?
- Wie verändert sich das Unternehmen?
- Welche Kompetenzen werden im Unternehmen in Zukunft benötigt?
- und noch viele mehr…
Wir führen Gespräche mit Führungskräften und holen die Meinung der Vorstände bzw. der Geschäftsführung ein um die Erkenntnisse aus den Gesprächen mit den Ergebnissen der Workshops zu vergleichen.
Ausbildung 4.0 – Zukunft der Ausbildung
Einige Ausbildungsleiter wollen sich auf den Weg zur Ausbildung 4.0 machen und oftmals kommt dann in Gesprächen heraus, dass der Begriff „Ausbildung 4.0“ mit der Ausstattung der Lehrwerkstatt und mit teuer eingekauften Kursen oder Ausstattungsgegenständen zu tun hat. Wir sind der Meinung, dass Ausbildung 4.0 zunächst eine Denkhaltung der Ausbildungsleiter und der Ausbilder darstellt, die erkannt haben, dass sich die Welt um die Ausbildung herum enorm verändert und sich deshalb auch die Ausbildung anpassen muss. Wenn wir von Ausbildung sprechen, denken wir immer auch an alle Prozesse in der Ausbildung, die angepasst werden können um eine zeitgemäße und moderne Ausbildung zu betreiben, die dem Unternehmensauftrag gerecht wird. Wir sprechen auch lieber von einer zukunftsfähigen Ausbildung, als von der Ausbildung 4.0.
Strategische Ausbildungsplanung
Benötigen wir noch klassische Ausbildungsberufe oder benötigen wir in Zukunft mehr dual Studierende? Eine Frage, die uns immer wieder gestellt wird und die nicht pauschal zu beantworten ist, da man die Entwicklung des Unternehmens unbedingt berücksichtigen muss. Einige Unternehmen fahren die kaufmännische Ausbildung stark zurück und bieten stattdessen mehr hybride Berufe, wie den Mechatroniker, an. Manche Banken bilden statt der Bankkaufleute lieber den Studiengang Digital Innovation + Fintech an, weil erkannt wurde, dass sich das Profil der Bankkaufleute in dieser Bank ändert und in Zukunft andere Kompetenzen benötigt werden. Wenn wir an unser derzeitiges Projekt denken, überlegen wir, ob wir eine Ausbildung der zwei Geschwindigkeiten benötigen und daher auch die Methoden in der Ausbildung anpassen müssen.
Selbständigkeit, Selbstorganisation, Eigenverantwortung
Die Erwartungen an neue Methoden in der Ausbildung wie Flipped Classroom, E-Learning Angebot, Webinare für Azubis, Videokurse oder MOOCs sind enorm und einige Ausbildungsleiter wollen möglichst nur noch die neuen Formen der Wissensvermittlung einsetzen. „Wir wollen selbständig denkende Azubis und deshalb sollen sie auch schon in der Ausbildung selbständig und eigenverantwortlich lernen und sich selbst organisieren“. Ja, das wäre wünschenswert und funktioniert auch bei Auszubildenden, die über die nötige Disziplin, Ausdauer und Reife verfügen. In jeder Ausbildungsabteilung gibt es aber auch Azubis, die auf eine starke persönliche Unterstützung durch den Ausbilder angewiesen sind und ohne diese Hilfe in der digitalen und selbstorganisierten Arbeitswelt schlicht verloren wären. Dies muss eine Ausbildungsleitung heute auch akzeptieren und es ist keine Ausrede der Ausbilder, die sich nicht auf neue Methoden einlassen wollen, sondern es ist gesunder Menschenverstand und jahrelange Erfahrung in der Ausbildung der jungen Menschen.
Ausbildung der zwei Geschwindigkeiten
Auf der einen Seite benötigen die Unternehmen für die Zukunft tatsächlich hochqualifizierte Mitarbeiter, die schnelle und kreative Lösungen finden und für die auch neue Lehr- und Lerntechnologien selbstverständlich sind – auf der anderen Seite benötigen die Unternehmen, zumindest für eine gewisse Zeit noch, auch Mitarbeiter die einen Job gut erledigen und für die Routinetätigkeiten eine erfüllende Arbeit darstellen.
Dass man zur Bewältigung der „Ausbildung der zwei Geschwindigkeiten“ auch unterschiedliche Ausbilder benötigt, ist nachvollziehbar. Die einen Ausbilder fungieren als Ermöglicher – die anderen Ausbilder fungieren noch stärker als Kümmerer. Die Kompetenzen der Ausbilder müssen auf diese „Ausbildung der zwei Geschwindigkeiten“ überprüft und angepasst werden. Zum Beispiel benötigen die Ermöglicher viel Wissen zu digitalen Lernformaten, Webinaren, Blended Learning Konzepten, Digitaler Fitness und die Kümmerer neben dem Fachwissen noch mehr pädagogisches Wissen und entsprechende Werkzeuge, um die Azubis gut zu begleiten.
Wir freuen uns schon auf weitere Projekte mit dem Unternehmen und entwickeln nun Qualifizierungspläne für die Ausbilder damit sie Fit für die Zukunft und für Ausbildung Next gut gerüstet sind.